Dieser Beitrag wurde nach den schrecklichen Ereignissen am 19.12. auf dem Berliner Weihnachtsmarkt von mir auf Facebook veröffentlicht.
Das beigefügte Foto habe ich ausgewählt, da es den Namen “Humility” – Demut, trägt.

So kurz vor Weihnachten stockt mir einfach der Atem. Wegen Berlin – und dann doch nicht nur wegen Berlin.
Ich habe gestern sehr viel Zeit damit verbracht, Live-Streams von Nachrichtensendern auf Facebook zu verfolgen. Im Sekundentakt kann man da beobachten, wie Kommentare geschaltet werden. Plötzlich ist man Zeuge davon, wie eine Nation sich spaltet. Ich bin diese Doppelmoral leid. Ich bin es Leid, dass jeder für Frieden ist, aber bitte nur solange man selbst keinen Finger dafür rühren muss. Solang man seinen Supermarkt nicht teilen muss. Nicht die Straßen. Nicht mal den verdammten Bus. Und auf gar keinen Fall das eigene Land.
Ich bin es Leid, dass Anteilnahme in den Hintergrund rückt und stattdessen von blankem Hass überschattet wird. Von den sinnbefreiten Kommentaren, die von Menschen verfasst wurden, die Angst vor Überfremdung haben und dabei nicht mal wissen, wie ihr eigener Nachbar heißt. Die Angst haben, dass Deutschland zu Grunde geht, während sie ihre Parolen im anonymen Facebook unbekümmert teilen.
Ich sag euch was: Ja, die Menschheit geht zu Grunde, aber nicht an Überfremdung. Daran ist kein Flüchtling Schuld, keine Merkel und auch kein Trump. Schuld daran sind allein wir und vor allem unsere Reaktion auf das, was passiert.
Ich bin für Liebe. Und obwohl ich nicht gläubig bin, glaube ich an Nächstenliebe. Ich glaube daran, dass ein friedlicher Mensch mehr bewirken kann als eine Gruppe von Hasserfüllten.
Ich glaube an die Menschen. Ich bin auch wütend, bin traurig, und dann wieder wütend. Aber vergebe.
Denn wenn ich sehe, wohin uns Hass in dieser Welt geführt hat, möchte ich kein Teil davon sein.

Ich ziehe meinen Hut vor all denen, die mutig genug sind, sich nicht dem Hass hinzugeben – denn das wäre der einfachste Weg. Ich ziehe meinen Hut vor denen, die teilen und helfen. Die nicht wegschauen. Die sich informieren und sich nicht der medialen Panikmache hingeben. Und vor allem ziehe ich meinen Hut vor all denen, die alles zurück lassen und deren Füße von nichts anderem getragen werden, als von der kleinen Hoffnung irgendwo ein besseres Leben zu finden.

Ich habe lange überlegt, ob ich überhaupt ein Statement dazu abgeben soll. Was hat eine Pferdefotografin denn überhaupt zu sagen. Und wieso sollte ihr Publikum sowas interessieren. Genau hier sehe ich den Knackpunkt: Es geht uns alle etwas an.
Ich weiß, dass ich mich hiermit auf ein heißes Eisen begebe und nicht alle meine Meinung teilen. Ich habe auch Verständnis für die Wut, auch wenn ich sie als fehlplatziert empfinde. Aber in der Vergangenheit wurde mir gesagt, dass ich euch oft zum Nachdenken anrege und dazu bringe, über den Tellerrand hinaus zu blicken. In diesem Fall sind wir keine Pferdefotografen, keine Autoren, keine Friseure, keine Verkäufer oder Banker. Wir sind Brüder und Schwestern. Egal, was unser Geburtsort ist.

“Für Waren existieren keine Grenzen, sie dürfen überallhin. Und Geld sowieso, das fließt zu jeder Zeit ungestört an jeden Ort der Erde. Nur Menschen dürfen nicht dorthin, wohin sie wollen. Da stimmt etwas nicht mit der Konstruktion der Welt.”

“And so this is Christmas, for weak and for strong, for rich and the poor ones. The world is so wrong and so happy Christmas, for black and for white, for yellow and red ones. Let’s stop all the fight.”

John Lennon – Happy XMas (War is over)

Liebste Grüße,
deine Carina

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  1. Liebe Carina,
    schon bei Instagram habe ich ein Kommentar drunter gesetzt, dass dieser Text ein absolut vertretbares Statement ist.. ich konnte nicht mehr schreiben, am Tag nachdem es geschehen ist musste ich mir (auch bei Instagram) erstmal Luft machen.. ich muss sagen ich bin etwas geschockt, dass so etwas kaum Aufmerksamkeit in Form von Herzen bekommt, aber das war und ist mir relativ egal.. ich wollte und musste etwas dazu sagen..
    Vorhin habe ich Stern TV geguckt, wo auch das Geschehnis in Nizza nochmals durchleuchtet wurden und ich hab geweint vor Wut und konnte dann nur die Frage stellen: Warum?
    Immer und immer wieder frag ich mich das.. 🙁
    Dennoch wünsche ich dir schöne Weihnachten und ein paar besinnliche Feiertage! <3

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